Seit etwa 2017 wirken in Einzelarbeiten immer häufiger Ahninnen und Ahnen der/des Klient:in durch mich. Zumeist sind es selbst gewesene Schamaninnen und Zauberer, die da aktiv werden. Es ist
immer spannend und bewegend zu hören, wer da so spricht und welche Techniken zur Anwendung kommen. Heute will ich konkret von einer Heilgeschichten berichten, die in der Behandlung durch mich
halb gesungen, halb erzählt wurde. Ob gegibbert oder in einer tatsächlich existenten Sprache, weiß ich im Nachhinein nicht zu unterscheiden.
Eine meiner Klientinnen hat eine solche Geschichte von ihrem Ururururururururu..Großvater, einem Inuit-Schamanen, zum Geschenk bekommen. Diese Gesänge sind als Lehrgeschichte und zur täglichen Imagination gedacht, wurde mir gesagt. Ich habe die Erlaubnis, diese spezielle Geschichte hier nachzuerzählen, sie heißt:
"Die Jägerin, die 7 Nächte bis nach Hause brauchte"
Eine Jägerin war nicht allzu weit von ihrem Dorf auf der Jagd gewesen und hatte gute Beute gemacht. Ein großer Sturm kündigte sich an, es war Zeit heimzukehren. Wegen des schlechten Wetters kam sie aber nur langsam voran und das Gelände verbot auch nur den Gedanken daran, in der Nacht zu reisen. So errichtete sie am Nachmittag ein kleines Iglu für die Nacht. Gerade, als das Iglu fertig war und sie ihren Mantel abgelegt hatte, kratzte es höflich am Eingang. Im weiten Eis verweigert man einander keine Hilfe und so bat sie die unbekannte Person ebenso höflich herein. Ein sehr attraktiver Mann, im besten Alter, kroch zu ihr ins Iglu. Sie sprachen und bald lachten sie, teilten das Essen und die Nacht verging unbemerkt. In den frühen Morgenstunden wollte der Mann der Jägerin näher kommen, die Felle mit ihr teilen – sie aber betrachtete ihn genau und sprach: „Ich erkenne Dich wohl, Nanuk, Bär des Nordens. Einen Eisbär nehme ich mir nicht zum Mann.“ Und mit diesen Worten wies sie ihn hinaus.
Am nächsten Tag zog sie weiter, aber wieder kam ihr Schlitten nur langsam voran. Erneut baute sie sich ein Iglu zur Nacht. Und erneut kratzte es höflich am Eingang, als sie sich gerade zurecht gesetzt hatte. Wieder lud sie die unbekannte Person ein. Ein Mann mit faszinierend grauen Augen kam zu ihr ins Iglu und sie teilten das Essen und wilde Jagdgeschichten miteinander. Die Nacht verflog. Im Morgengrauen wollte der Mann der Jägerin noch näher kommen, mit ihr die Felle teilen – sie aber betrachtete ihn lange und sprach: „Ich erkenne Dich wohl, Wolf, Schattenjäger. Einen Wolf nehme ich mir nicht zum Mann.“ Mit diesen Worten wies sie ihn hinaus.
Auch am dritten Tag kam sie nicht so weit, wie sie es sich gewünscht hätte, baute ein Iglu und bekam Besuch von einem gut aussehenden Mann. Sie aßen, sie lachten und die Nacht verging. Noch bevor er näher rücken konnte sagte die Jägerin: „Ich erkenne Dich wohl, Walroß, Herrscher der Küste. Ein Walroß nehme ich mir nicht zum Mann.“ Und auch er wurde hinausgeworfen.
Am vierten Tag war es der Polarfuchs, der glücklos blieb und am fünften der Narwal. Alle mussten sie das Iglu der Jägerin verlassen.
In der sechsten Nacht kam ein Mann zu ihr, der noch schöner war, als alle vor ihm. Seine Rede war so sanft wie zartestes Seehundsfell, seine Geschichten fesselnd und seine Hände geschickt. Fast ein wenig benommen fühlte sich die Jägerin in seiner Gegenwart. Als er er sich zu ihr herüberbeugte, um einen Kuß von ihren Lippen zu stehlen, sah sie ihm tief in die Augen und wies ihn scharf von sich: „Ich erkenne Dich wohl, Schwarzer Zauberer der Untiefe. Einen bösen Mann nehme ich mir nicht.“ Gekränkt musste auch er das Iglu verlassen.
Am folgenden Tag trieb die Jägerin ihr Gespann bis an die Grenze der Belastbarkeit, bevor sie ihr Dorf jedoch sehen konnte, zogen die Vorboten des Großen Sturms herauf – dunkle Wolken machten der Tag zur Nacht. In Windeseile baute die Jägerin sich ein winziges Not-Iglu, um vor dem Sturm geschützt zu sein. Kaum war sie in das kleine Haus gekrochen, brauch der Sturm los, er heulte und tobte, wirbelte den Schnee himmelhoch auf und brach das Eis an der Küste. Gerade hatte sie sich in ihren Fellen zusammengerollt, da meinte sie, ein Geräusch vom Eingang zu hören, das nicht der Sturm war. Sie lauschte. Tatsächlich. Ein Kratzen und Klopfen. Sie machte sich nicht die Mühe einer Antwort, niemand hätte sie gehört. Schließlich kroch ein Mann zu ihr in das winzige Iglu. Sie nickten einander nur zu. Dicht lagen sie sich gegenüber. Sahen einander an. Lauschten erst dem Sturm, dann einander, dann jede/r sich selbst. Sie teilten einen Atem, wie sie da so lagen und die Nacht verging. Im Morgengrauen erstarb der Sturm und die Jägerin betrachtete den Mann im schwachen Zwielicht unter dem Schnee, dann sagte sie: „ Ich kenne Dich wohl, Mann, Du bist von meinem Clan. Einen guten Mann wie Dich nehme ich zum Ehemann.“
Gemeinsam gruben sie sich aus dem kleinen Iglu ins Freie. Direkt vor ihnen lag das Heimatdorf der Jägerin.
Die Jägerin war nach Hause gekommen, mit ihrem Schlitten, ihrem ganzen Gespann, großer Jagdbeute und einem Ehemann.
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Was die Geschichte bedeutet? Sag Du es mir ...